Kann das Wohnen an einer verkehrsreichen Straße die Leistung unseres Gehirns nachteilig beeinflussen? Dieser Frage gingen Wissenschaftler aus Kanada nach und untersuchten einen möglichen Zusammenhang zwischen dem verkehrsnahen Wohnen und dem Risiko, eine Demenz zu entwickeln.
Alle Bewohner der Provinz Ontario, die für mindestens fünf Jahre in dieser Region wohnten, wurden im Jahre 2001 datentechnisch erfasst. Es handelt sich dabei um etwa vier Millionen Menschen im Alter von 20 bis 50 Jahren und um über zwei Millionen im Alter von 55 bis 85 Jahren, über die genau Buch geführt wurde, wie weit sie von verkehrsreichen Straßen entfernt wohnten. Für die Dauer von 10 Jahren wurde die Entwicklung ihres Gesundheitszustandes beobachtet.
Im Ergebnis zeigte sich, dass etwa 244.000 Menschen der höheren Altersgruppe an einer Demenz erkrankten. Hierbei erwies sich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Nähe des Wohnhauses und einer naheliegenden Hauptverkehrsstraße: Menschen, die weniger als 50 Meter von der nächsten größeren Straße entfernt wohnten, hatten im Vergleich zu denen, die über 300 Meter entfernt wohnten, ein um sieben Prozent erhöhtes Risiko, an einer Demenz zu erkranken.
Lag die Entfernung zwischen 50 bis 100 Metern, so war das Risiko noch um vier Prozent erhöht im Vergleich zu denjenigen, die ruhiger und verkehrsgeschützter wohnten. Bewohner von Großstädten, die schon immer in den verkehrsreichen Orten wohnten, zeigten ein um 12 % erhöhtes Risiko, an einer Demenz zu erkranken.
Zwar traten in den beiden untersuchten Altersgruppen auch Erkrankungen wie die Multiple Sklerose (MS) sowie Morbus Parkinson auf. Doch dazu sind sich die Wissenschaftler einig, dass das Auftreten dieser Erkrankungen in keinem Bezug zur Wohnsituation steht.
Unklarheit besteht derzeit noch darüber, weshalb sich das verkehrsnahe Wohnen so nachteilig auf die Gesundheit des Gehirns auswirken kann. Zum einen führt die Belastung durch den Feinstaub NO2 zu einem um zwei Prozent erhöhten Risiko. Auf welche weiteren Ursachen die restlichen Prozent bei entsprechender Verkehrsnähe basieren, muss noch geklärt werden.
Chen H. et al.
Living near major roads and the incidence of dementia, Parkinson's disease, and multiple sclerosis: a population-based cohort study
The Lancet
2/2017; 389: 718-26.